Die Ästhetik hat eine grosse Bedeutung und starke Anziehungskraft in unserer Gesellschaft – stilvolle Menschen, geschmackvolle Räume, einzigartige Gegenstände, harmonische Natur, künstlerische Prozesse, gehaltvolle sowie phantasievolle Gedanken. Produkte und Services, welche Attribute der wahrnehmbaren Schönheit beinhalten werden bevorzug, geliebt und verschönen das Leben. Weshalb aber hat diese Ästhetik im sozialen gesellschaftlichen Zusammenleben keinen so grossen Stellenwert und Einfluss auf uns Menschen? Hier gelten ganz andere Gesetzmässigkeiten und Regeln als die schöne Form, als die Ästhetik des alltäglichen Lebens. Wo sind die Werte-Designer, die eine gewünschte lebenswerte und sinnstiftende Zukunft erdenken und gemeinsam mit anderen aus verschiedenen Disziplinen (Soziologie, Philosophie, Psychologie, Informatik, Ethik, Theologie, Politik…) und mit Interessierten aus der Zivilgesellschaft eine solche entwickeln und zu gestalten fähig sind - in welcher die Schönheit einer Solidarität, Gerechtigkeit und faires Miteinander zum Tragen kommt?
Am Anfang eines Produkts, einer Leistung, steht immer eine Idee, ein Gedanke. Ist die Idee «geboren», können verschiedene Varianten, Alternativen und Möglichkeiten zum Ziel führen. Aus den skizzierten Entwürfen ist eine Auswahl zu treffen und diese anschliessend zu konkretisieren und zu realisieren. Dieser schöpferische Akt transformiert eine Vorstellung, eine Idee zu einer physischen Form, zu einem Produkt, einer Dienstleistung, einem Verfahren.
Nach dieser Gesetzmässigkeit, diesem System wird stets beim Hervorbringen eines Produktes oder einer Dienstleistung verfahren; in der Architektur beim Bau eines Hauses, im Industriedesign bei der Realisierung eines Produktes, um Problemlösungen zu entwerfen oder neue Chancen zu nutzen. Nun ist die Frage, ob dieses Prinzip auch anwendbar ist für das Realisieren einer gerechteren Welt, zur Gestaltung einer schönen, lebenswerten Gesellschaft? Zuerst also eine Idee, anschliessend verschiedenen Möglichkeiten skizzieren und dann eine Variante zur Realisierung und Ausgestaltung auswählen.
Gestaltung ist Formgebung, planvolles Entwerfen, Modellieren und eine Beschäftigung sowie
ästhetische Auseinandersetzung mit Materialien, Verfahren, Regeln und Räumen. Im Zusammenhang
mit Gestaltgebung können zwei Kategorien / Positionen unterschieden werden:
• Design von Gütern sowie Dienstleistungen für unseren Alltagsgebrauch
• Gestaltung von Gesellschaft im grösseren politischen und sozialen Zusammenhang; diese
Betrachtungsweise
geht davon aus, dass Gestaltung auch das Soziale prägen kann. Die
Erarbeitung und Implementierung neuartiger
Praktiken, andersartiger Spielregeln und
zeitgemässer Verfahren können wichtige und notwendige
Veränderungen bewirken, die
wesentlich dazu beitragen, dass die Gesellschaft sich in eine zukunftsfähige,
humane Richtung
entwickeln kann.
Design ist also nicht nur als Disziplin der Verführung zu verstehen und ist mehr als ein kommerziell-ästhetischer Faktor im weltumspannenden Markenrausch, sondern Design ist auch als Vermittlung von
kreativen Lösungsvorschlägen für neue Modelle und Konzepte des Zusammenlebens zu
verstehen. Der Designer ist praktisch geschult darin, Kreativität, Empathie und Wissen zu
kombinieren sowie unter komplexen Anforderungen neue Lösungsansätze zu entwickeln
(«Wie Design die Welt verbessert: Wie gestalten wir unsere
Zukunft?» von Leonie Altendorf).Der
Gestalter kann auch als Mediator zwischen verschiedenen Disziplinen (Wirtschaft, Wissenschaft,
Kultur, Technik und Politik) vermitteln, den Transformationsprozess in eine zukunftsfähige Moderne
moderieren und Alternativen skizzieren sowie Perspektiven für eine gangbaren Weg in eine
lebenswerte Zukunft aufzeigen. Designer haben das Potenzial intelligent Möglichkeiten aufzuzeigen,
wie wir nachhaltiger zusammenleben, arbeiten, produzieren und konsumieren können – und so kann
er als Vordenker soziale sowie ökologische Aspekte ins gesellschaftliche Leben einbringen sowie den
Umbau der Gesellschaft zu einer gerechteren, besseren Welt aktiv mitprägen.
Der österreichisch-amerikanischer
Designer und Designphilosoph
Victor J Papanek
war schon in den 1970er-Jahre ein
starker Befürworter eines verantwortungsvollen sozialen und ökologisch
nachhaltigen, sinnvollen Designs von Produkten, Werkzeugen und
infrastrukturellen Einrichtungen – eine sehr aktuelle Sichtweise einer
Designdisziplin, die als Teil der Lösung der gegenwärtigen Herausforderungen
sein könnte: Gesellschaftlicher Wandel durch Design – Design als bewusstes Bestreben
sinnvolle Ordnung zu stiften („Jeder ist ein Designer“, demokratisches,
gesellschaftlich relevantes Design nach Victor J Papanek)
https://www.youtube.com/watch?v=nVpbfOk76vU
https://juerg-buergi.ch/resources/Archiv/Kunst-und-Kultur-Archiv/Papanek.pdf
Anregungen an: mail@gesellschaftsdesign.ch
